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Die Einbäume von Konstanz

In auffälligem Kontrast zu den Verhältnissen in Oberschwaben und anderen Voralpenseen gab es vom Bodensee lange Zeit keine gesicherten archäologischen Nachweise von Einbäumen. Mit dem Fund des spätbronzezeitlichen Stammbootes von Wasserburg" (2015) und des steinzeitlichen Einbaums vom Seerhein in Konstanz (2018) hat sich das schlagartig verändert. Damit können auch einige Altfunde neu bewertet werden. In der Zusammenschau mit den ältesten Konstanzer Ansiedlungen ergibt sich das Bild eines wichtigen Netzknotens im Land- und Wasserverkehr Alteuropas.

Konstanz-Frauenpfahl. Im Pfahlfeld befinden sich gelochte Konstruktionshölzer. Foto: LAD/Mainberger

Die älteste Beobachtung stammt noch aus der Pionierzeit der „Pfahlbau“-forschung und bezieht sich auf Pfahlbaustation „Konstanz-Frauenpfahl". Die Station wurde 1882 entdeckt. R. Munro erwähnt neben Steinartefakten und bronzezeitlichen Funden ein „Canoe“, womit aus heutiger Sicht wohl nur ein Stammboot gemeint sein kann. Die 2012 – 2018 durch das Landesamt für Denkmalpflege, Arbeitsstelle Hemmenhofen durchgeführten Untersuchungen erbrachten Schlagdaten von Pfählen zwischen 1023 und 927 v. Chr. und datieren somit alle in die Späte Bronzezeit. Ob das „Canoe“ in dieselbe Periode zu stellen ist, bleibt wegen fehlender Detailbeobachtungen unsicher. Es war in der sehr stark unter Sedimentabtrag leidenden Fundstelle nicht mehr aufzufinden.

Blick vom Beobachtungsturm im Wollmatinger Ried nach Süden. Im Hintergrund das Siedlungsareal vor der Nordwestspitze der "Insel Langenrain". Foto: LAD/Mainberger

Ein weiterer Fund entstammt einer eintägigen Untersuchung Hans Reinerths in der Pfahlbaustation „Wollmatingen-Langenrain" 1929. Die Fundstelle, die an der Nordwestspitze des „Triboltinger Bohls“ (auch “Insel Langenrain“) liegt, gehört zum ausgewiesenen Bestand des UNESCO-Welterbes „Pfahlbauten um die Alpen“. Sie datiert nach Dendrodaten und archäologischen Funden ebenfalls in die Späte Bronzezeit. Eine Skizze Reinerths, die dankenswerterweise im Vorfeld einer archäologischen Bestandsaufnahme 2023 vom Pfahlbaumuseum Unteruhdingen zur Verfügung gestellt wurde, weist die Umrisse eines etwa 9m langen Objekts, das mit „Einbaum“ beschriftet ist, aus. Details zur stratigraphischen Lage werden nicht gegeben. In diesem Fall wird man angesichts der angegebenen Lage inmitten des Pfahlfelds und des Kulturschichtareals vorläufig davon ausgehen können, dass das Boot ebenfalls spätbronzezeitlich datiert. In der Fundstelle wurde im Frühjahr 2023 im Auftrag des Pfahlbauinformationszentrums Pfahlbauten eine Bestandsaufnahme durchgeführt. Eine Wiederentdeckung des Einbaums gelang dabei nicht.

Blick auf die Heckpartie des Einbaums vom Seerhein, Abnahme des Heckbretts. Foto: LAD/M. Hermanns

Wirklich verlässliche Informationen resultieren aus der Entdeckung eines weiteren Einbaums am Rand des „Triboltinger Bohls“ 2018. Ein Zusammenang mit einer Ansiedlung ist hier nicht festzustellen. Das Objekt erschien am Seeboden im untiefen, fließenden Wasser des Seerheins. Es erschien eine Frage von nur wenigen Jahren, bis das filigrane Objekt aus weichem Lindenholz durch Erosion verloren gehen würde. Zugleich wurde mit einer Datierung in die Endphase der Steinzeit klar, dass es sich um das bislang älteste bekannte Wasserfahrzeug des Bodensees und damit um ein Monument von hoher archäologischer und landesgeschichtlicher Bedeutung handelte. Der Einbaum wurde mit einem Strömungsschild umbaut und 2021 im Rahmen einer Rettungsgrabung des Landesamtes für Denkmalpflege im RP Stuttgart vollständig geborgen. Es wird sich nun für einige Jahre in der Konservierung befinden.

Kupfer- und bronzezeitliche Metallfunde aus dem direkten Umfeld der "Alten Rheinbrücke", Konstanz. Die Funde wurden in den 1980er Jahren von Sporttauchern aus losen Sedimenten am Seegrund geborgen. Sie sind als Verlustfunde oder - wahrscheinlicher - als Votivgaben im Zusammenhang mit Rheinquerungen aufzufassen.

Die Einbaumfunde vom Konstanzer Trichter und vom Seerhein unterstreichen eindrücklich die zentrale Rolle des prähistorischen Wasserverkehrs. Wasser- und Landtransport sind dabei als ein eng aufeinander abgestimmtes und miteinander verzahntes System aufzufassen. Zum Einen bildet die Engstelle des Oberseeausflusses über viele Wegstunden die besten Möglichkeiten, den See in Nord-Süd-Richtung zu queren. Ohne Fährbetrieb war dies vor dem Bau der ersten Konstanzer, bzw. Gottlieber Brücken, der erst für das Mittelalter sicher bezeugt sind, aber nicht möglich. Zum Anderen erstreckt sich zwischen der Bregenzer Bucht im Osten und dem Rheinfall in Schaffhausen eine offene Wasserfläche von 120 km Länge. In einer Landschaft ohne entwickeltes Wegesystem sind die Vorteile einer solchen Wasserstraße heute kaum mehr zu ermessen.

Verkehrsknotenpunkt Konstanz

Weiterführend: Katalog der Schiffsfunde in Deutschland (Stand 2016)
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