Zu den ältesten Wurzeln der Bodenseemetropole: Pfahlbaudörfer im See vor Konstanz
Die ersten Nachrichten über Pfahlbauten in Konstanz datieren noch aus der Zeit des „Pfahlbaufiebers“ in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Der Konstanzer Apotheker Ludwig Leiner und später Major Ernst v. Tröltsch berichten über Entdeckungen in Konstanz-Rauenegg – im heutigen Klein-Venedig – ,am „Inselhotel“, am sogenannten „Frauenpfahl“, also vor der heutigen Konstanzer Hafeneinfahrt, und in Hinterhausen am Petershauser Seeufer.
Das Fundmaterial aus den damaligen Grabungen und Aufsammlungen ist in das Rosgartenmuseum Konstanz gelangt. Weitere Forschungen hat es seit dem 19. Jahrhundert im Konstanzer Trichter nur noch sporadisch gegeben: große Teile der spätbronzezeitlichen Stationen am „Inselhotel“ und am „Rauenegg“ sind heute überbaut und für die Forschung weitgehend unzugänglich. Die Siedlung im Frauenpfahl liegt, nur mit dem Boot zu erreichen, in einem stark überströmten Areal in mehreren Metern Wassertiefe. Auf den heute vom „Lago-Center“ überbauten Fläche kam es 2002 zu Rettungsgrabungen, die ein 3500 m2 großes Areal umfassten.
Die Station „Hinterhausen I“ fällt seit den 1990er Jahren durch sein großes Pfahlfeld auf, das in Luftbildern des Luftbildarchäologen O. Braasch regelmäßige Bebauungen aufweist. Die Fundstelle geniest seit Juni 2011 Welterbestatus. Damit rückt der Konstanzer Trichter in den Fokus des staatlichen Kulturerbemanagements. Die Fundstellen an den Ufern des Obersee-Ausflusses besetzen vom 4. vorchristlichen Jahrtausend an den vielleicht wichtigsten verkehrsgeographischen Kreuzungspunkt am Bodensee. Zum Einen können sie den Ost-West-Verkehr zwischen Bodensee-Obersee und dem Untersee – und damit dem Rhein – kontrollieren. Zum anderen verbinden sie südliches und nördliches Bodenseegebiet. Die prähistorischen Dörfer sind damit Vorläufer der Bodensee-Metropole Konstanz, die über viele Jahrhunderte ihre Bedeutung aus der Lage auf dieser geographischen Schlüsselposition gewann.
Um Grundlagen für künftige Monitoring-Untersuchungen zu legen, hat das Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg bereits 2011 mit ersten Bestandsaufnahmen im Konstanzer Trichter begonnen. Diese Untersuchungen werden 2012 fortgesetzt - bis Ostern 2012 werden bis zu sechs Forschungstaucher- zur Kernmannschaft gehören M. Billig, H. Gaertner, S. Häuser, M. Heine, G. Knepel - im See vor Konstanz beschäftigt sein. Die vermessungstechnische Herausforderung, die Absteckung und Einmessung von Punkten in Wassertiefen unter 2m, weit entfernt vom Ufer, und in starken Strömungen darstellt, haben wir in Zusammenarbeit mit dem Vermessungsbüro Schlimper (Augsburg) gemeistert. Begleitet werden die Arbeiten im Konstanzer Trichter durch Erkundungen des Seenforschungsinstitutes Langenargen, in der Strömungs- und Tiefenverhältnisse ermittelt werden und somit Grundlagen für ein Verständnis der hydrologischen Dynamik in der Abflussschwelle des Obersees schaffen sollen.
Wir danken der Wasserschutzpolizei Konstanz für die Überlassung von Bootsliegeplätzen und dem Naturschutzzentrum Wollmatinger Ried für die Bereitstellung der unersetzlichen "Netta", unserem schwimmenden Grabungsbüro.